100. Todestag von H. J. Schneider, Komponist des Alt-Starhemberg- und des Erzherzog-Karl-Marsches

Hermann Josef Schneider kam am 7. April 1862 in der böhmischen Kleinstadt Tepl (heute Mĕsto Teplá, Tschechische Republik) zur Welt. Er besuchte hier die Grundschule und genoss die erste musikalische Ausbildung. Am 20. Oktober 1881 wurde er zum Infanterie-Regiment Nr. 62 im siebenbürgischen Marosvásárhely (heute Târgu Mureș in Rumänien) einberufen.

 

Nach Beendigung des dreijährigen Militärdienstes im Jahre 1884 nahm Schneider die Stelle des Chordirektors der Stadtpfarrkirche in Saaz in Böhmen (heute Žatec in der Tschechischen Republik) und gleichzeitig die Leitung der Kapelle der uniformierten Bürgerwehr an, die er auf ein anerkannt hohes Niveau führte.

 

Hier blieb er bis zu seinem Lebensende am 25. Februar 1921, unterbrochen nur von den Waffenübungen beim Infanterie-Regiment Nr. 73 in Eger in Böhmen (heute Cheb in der Tschechischen Republik) in den Jahren 1886, 1888, 1890 und 1891.

 

 

Hermann Josef Schneider war als Komponist sehr aktiv und hat mehr als 500 Opusnummern hinterlassen. Zur Vermarktung seiner Werke gründete er einen eigenen Musikverlag in Saaz, mit dem er großen Erfolg hatte.

 

Seine Konzertmusik Du liebe Wienerstadt ist heute im Musikverlag Kliment in einer zeitgemäßen Ausgabe verfügbar. Aus Schneiders reichhaltigen Schaffen auf dem Gebiete der Tanzmusik gibt es ebenfalls bei Kliment die Polkas Korsofahrt und 2 Trotzköpfchen. Im gleichen Verlag wurde auch seine Kaiser-Fanfare veröffentlicht.

 

Sein erfolgreichstes Metier war jedoch der Marsch. Viele der von ihm geschriebenen Titel stehen im Zusammenhang mit dem Kaiserhaus oder mit dem Militär: Für Kaiser und Reich, Des Kaisers Ruf, Fahne hoch, Im Paradeschritt oder Die Fahne des Regiments. Auch einen Deutschmeister-Marsch hat Hermann Josef Schneider geschrieben. Obwohl er selbst nie eine Militärkapelle leitete, hat er den Typus des altösterreichischen Militärmarsches doch entscheidend mitgeprägt.

 

Den größten Erfolg in seiner Zeit hatte er jedoch mit dem Bienenhaus-Marsch, der im Trio ein Studentenlied („Mein Herz, das ist ein Bienenhaus, die Mädchen darin sind die Bienen, sie fliegen ein und aus, g‘rad wie es ist im Bienenhaus …“) verarbeitet. Innerhalb weniger Jahre hat Hermann Josef Schneider von diesem Marsch mehr als 100.000 Exemplare (!) verkauft, eine ganz außerordentliche Zahl in einer Zeit, in der Noten relativ teuer waren und sich nur wenige gedruckte Notenhefte leisten konnten. Nur wenige Märsche der Donaumonarchie konnten diese Zahl übertreffen, darunter Josef Franz Wagners Marsch Unter dem Doppel-Adler.

 

Heute am meisten gespielt werden Schneiders Märsche Alt-Starhemberg (zur Erinnerung an Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg, dem Verteidiger Wiens bei der zweiten Türkenbelagerung 1683, und Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 54, daher auch 54er Regimentsmarsch) und der Erzherzog-Karl Marsch (Widmungsträger ist Erzherzog Karl von Österreich-Teschen, der Napoleon in der Schlacht bei Aspern 1809 die erste entscheidende Niederlage zufügte). Von beiden Märschen sind heute mehrere Verlagsausgaben verfügbar.

 

 

 Weitere Märsche von Hermann Josef Schneider sind in den Verlagen Kliment (Alter Deutschmeister-MarschBienenhaus-MarschDie Fahne des RegimentsDonaugigerlFahnentreue-MarschHochalma Dirndl’ns‘ arme Maderl nach einem Walzerlied des Komponisten, Schachkönig und Kaiserjäger), Doblinger (Erzherzog-Albrecht Marsch) und Schwanzer (Mir san mirKaiserjäger) erschienen.

 

Der Musikforscher und Notensammler Walter Schwanzer bereitet derzeit ein Verzeichnis der Werke von Hermann Josef Schneider vor, das kurz vor der Fertigstellung ist (Infos unter www.schwanzer.at).

 

 Nach Erstellung dieses Beitrags hat sich der Urenkel von Hermann Josef Schneider, Herr Detlef Jung, gemeldet und dankenswerterweise dieses Portraitbild seines Urgroßvaters zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank!