"Fesch beinand", Marsch von Paul Mestrozi - zum 170. Geburtstag

Paul Mestrozi, Enkel des gleichnamigen Fabrikanten, wurde am 26. August 1851 in Wien geboren. Nachdem er am Wiener Konservatorium das Fach Oboe absolviert hatte, war er Orchestermitglied des Burgtheaterorchesters, weiters noch 1. Oboist der Kapelle Ziehrers und ab 1878 Leiter einer Privatmusikschule. Seine Kapellmeistertätigkeit begann Mestrozi 1883 im Theater in der Josefstadt. 3 Jahre später übernahm Mestrozi das Fürst-Theater im Prater und zur Überbrückung der Wintersaison leitete er das Theater in Wiener Neustadt. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits ein bekannter Komponist, der neben Märschen, Walzer und Chören auch die Musik zu fast allen Singspielen und Possen, die, während seiner Tätigkeit als Kapellmeister im Theater an der Josefstadt aufgeführt wurden, schrieb. Mestrozi spielte im Prater neben Volksstücken, Possen und Schwänken auch 1884 zum ersten Mal eine Operette (J. Offenbach, Hochzeit bei Laternenschein). Nach dem finanziellen Ruin Mestrozi's wurde das Theater 1892 an Heinrich Jantsch verkauft.

 

Danach schlug Mestrozi die Laufbahn eines Militärkapellmeisters ein. Im November 1893 bewarb er sich beim Infanterie-Regiment Nr. 4 „Hoch- und Deutschmeister“ um die Nachfolge Carl Michael Ziehrers. Mestrozi kam neben Franz Lehàr jun. in die engere Auswahl, die Stelle erhielt jedoch Wilhelm Wacek. Statt dessen wurde er im Jänner 1894 Kapellmeister beim Infanterieregiment Nr. 81 „Freiherr von Waldstätten“ und lässt sich, Zeitungsberichten zufolge, zumindest 1897 in der selben Position beim Infanterieregiment Nr. 66 „Ferdinand IV Großherzog der Toskana“ nachweisen.

 

Mestrozi kehrte aber wieder zum Theater zurück und wurde 1898 zunächst erster Kapellmeister des neu erbauten Kaiser-Jubiläums-Stadttheaters (heute: Volksoper) unter Direktor Adam Müller-Guttenbrunn. Für die Eröffnung des Theaters komponierte er das Festspiel An der Währinger Linie mit der Musik nach Lanner'schen Motiven. Mestrozi schloss seine Laufbahn als Theaterkapellmeister 1908 in jenem Theater ab, in dem sie einst begann, im Theater in der Josefstadt. Außerdem konzertierte Mestrozi mit einem Wiener Orchester 1906 in London während der österreichischen Gewerbeausstellung.

 

Paul Mestrozi schrieb unter vielen andern das Volksstück Die Liningerischen, die Posse Ein g'spaßiger Kerl und im Verein mit Bruno Zappert die Ausstattungsposse Ein Böhm in Amerika und Stanley und Emin-Pascha. Er komponierte auch die Musik zu über fünfzig Possen und Singspielen, u. a. die Musik zur Posse Pechvögel, Die beiden Wenzeln, Ein alter Jungeselle und Lumpenball sowie die Bühnenmusik zu dem historischen Stück Die Türken vor Wien von Carl Costa, weiters Die sieben Todsünden der Wiener mit dem Text von Gründorf, beide wurden mehrere Dutzend Male aufgeführt. Aus der Posse Wo is denn 's Kind wurde besonders das Deutschmeisterlied ein großer Erfolg. Bekannt wurde auch seine Operetten-Parodie Der Mikado von Neu-Titipur und der musikalischer Scherz Hintermezzo, eine Parodie auf das Intermezzo aus der Oper Cavalleria Rusticana von Pietro Mascagni. Mestrozi war ferner Autor der romantisch-komischen Oper Der Liebesbrunnen, deren Uraufführung in Wiener Neustadt am 26.1.1889 stattfand.

 

Mestrozi schrieb aber auch Walzer, Märsche und Chöre. Seine Tätigkeit beim 81er Regiment schlug sich in einigen Kompositionen nieder, wie der 1895 komponierte 81er Regimentsmarsch Mit im Schritt, gewidmet dem Offizierskorps des Regiments. Sein populärer Marsch Fesch beinand  fand den Weg nach Amerika und war viele Jahre ein Lieblingsstück der deutschen Kolonie in New York. Weitere bekannte Märsche sind Mei Mariedl, und Mir san Leut. Dem Champagner-Hersteller Charles Heidsieck widmete er 1895 anläßlich eines Industriellenballes den Charles Heidsieck-Walzer. Für seine Lieder seinen als Beispiele Wien bleibt Wien und A Deutschmeister-Waselbua genannt.

 

Der Militärkapellmeister, Theaterkapellmeister und Komponist Paul Mestrozi verstarb am 23.1.1928 im Alter von 76 Jahren in Wien. Heute erinnert noch eine Straße im 19. Wiener Gemeindebezirk an ihm.

 

Literatur (Auswahl): Deutsche Militärmusiker-Zeitung vom 5.4.1943; Hermine Nicolussi-Prohaszka, „Kpm. Paul Mestrozi – ein universieller Theatermann“, Österreichische Blasmusik, Jg. 22, Heft 4 (Mai 1974), S. 3; Elisabeth Anzenberger-Ramminger, „Paul Mestrozi, Theater- und Militärkapellmeister. Zum 150. Geburtstag“, Österreichische Blasmusik, Jg. 49, Heft 10 (Oktober 2001), S. 8f.