Zum 125. Todestag von Militärkapellmeister Johann Nepomuk Král

Am 14. September 1839 kam Johann Nepomuk in Mainz zur Welt. Schon mit zwanzig Jahren war er Kapellmeister in Amsterdam; hier wurde im August 1863 seine Operette Liebenswürdig uraufgeführt.

Ab 1862 dienste Král beim Infanterie-Regiment Nr. 13; am 1. April 1866 wurde er Kapellmeister. Ab Anfang der 1870er Jahre war das Regiment dann in Wien stationiert. Am 29. März 1873 berichtete die "Oesterreichisch-ungarische Wehr-Zeitung" über die Beliebtheit der Konzerte der "13er" im - noch heute existierenden - Wiener Cur-Salon im Stadtpark, die stets überfüllt waren.

 

Seinen größten musikalischen Erfolg hatte er mit dem Brucker Lager-Marsch op. 51, den er 1874 in Bruck an der Leitha komponierte. In der Wiener Straße Nr. 7 in Bruck hängt an der Fassade des Gasthauses "Zur Weintraube" eine Gedenktafel; hier soll Král dieses Stück niedergeschrieben haben (siehe Abbildung unten). Der Titel nimmt Bezug auf das 1866 errichtete große Infanterie-Ausbildungslager; der dazugehörige Truppenübungsplatz für alle Waffengattungen der damaligen Armee war auch Sammelpunkt der Militärkapellen. Je nach Anlaß beherbergte dieses Lager mehrere zigtausend Soldaten; auch die Regimentsmusiken waren dort stationiert. Der Brucker Lager-Marsch erlangte eine derartige Popularität, daß bald darauf der singbaren Melodie ein Text von M. Klinka unterlegt wurde, der auch auf einem Flugblatt Verbreitung fand.

 

Wann genau diese Komposition im Rahmen des Lagerlebens 1874 in Bruck an der Leitha uraufgeführt wurde, wird sich wohl nie mehr  feststellen lassen. Es gab wohl von den Konzerten der Militärkapellen im Brucker Lager gedruckte Programme, doch diese sind fast alle verschwunden.

 

Die erste Aufführung des Brucker Lager-Marsches vor einem zivilen Publikum ist aber heute noch nachvollziehbar: Am Freitag, dem 11. September 1874, fand im Volksgarten in Wien ein "Grosses Fremdenfest mit brillanter Gas-Illumination" statt, bei dem die Kapelle des Hofball-Musikdirektors Eduard Strauß den ersten Teil und die Regimentskapelle Graf Huyn unter Militärkapellmeister Johann Nepomuk Král den zweiten Teil bestritt. Militärkapellen wurden normalerweise unter dem Namen des Regimentsinhabers angekündigt: Feldzeugmeister Johann Graf Huyn war Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 13. 

 

Im Wiener Fremden-Blatt dieses Tages wird das Programm dieses Konzerts abgebildet. Die Strauß-Kapelle spielte zehn Werke, die Militärmusik unter Král insgesamt zwölf; das Schlussstück war der Brucker Lager-Marsch (siehe Abbildung).

 

 

Als 1874 die "13er" nach Krakau verlegt wurden, wechselte Král zum Infanterie-Regiment Nr. 20, das 1875 von dort nach Wien kam und ab 1880 in Olmütz stationiert war. Králs Übertritt zum IR 36 läßt sich aufgrund fehlender Angaben nicht exakt angeben; er dürfte aber frühestens Ende 1880 erfolgt sein. Die auf 81 Musiker verstärkte Regimentskapelle der "36er" nahm am 23. Juli 1880 in Brüssel an einer internationalen Militärmusikkonkurrenz teil, bei der sie unter der Leitung des renommierten Kapellmeisters Alfons Czibulka als Sieger hervorging.

 

Trotz der sicher nicht schlechten Möglichkeiten in Prag trachtete Král, in der Residenzstadt Wien wieder als Militärkapellmeister Fuß zu fassen. Es gelang ihm bei Infanterieregiment Nr. 17, wo er von März bis September 1882 dirigierte. Bedeutendstes Werk dieser Zeit wurde sein Marsch Hoch Habsburg! op. 86, der nach dem Brucker Lager-Marsch sein erfolgreichstes Stück wurde; allein beim ursprünglichen Verlag Wetzler erreichte er 6 Auflagen, obwohl der Marsch Hoch Habsburg! auch von vielen anderen Verlegern nachgedruckt wurde. Král komponiert den Marsch anlässlich des 600jährigen Bestandes des Hauses Habsburg im Jahre 1882; der Militärkapellmeister Emil Kaiser schrieb in den Historischen Märschen von 1895 fälschlicherweise, daß dieses Werk zur Silberhochzeit des Kaiserpaares im Jahre 1879 verfasst wurde; Král hat jedoch für diesen Anlass den Kaiserlichen Hochzeitsmarsch geschrieben.

 

Der Marsch Hoch Habsburg! dürfte damals populärer als der Brucker Lager-Marsch gewesen sein. Auch andere Militärkapellmeister schätzten den Hoch Habsburg! und Carl Michael Ziehrer spielte ihn mit seinen "Hoch- und Deutschmeistern" (Infanterie-Regiment Nr. 4) als Zugabe bei Konzerten; auch in der Urfassung von Ziehrers Traum eines österreichischen Reservisten war ein Teil des Marsches Hoch Habsburg! von Král zu finden.

 

Die "17er" wurde nach Laibach (Ljubljana) beordert und Král trat ab Oktober 1882 zum IR 38 über, um in Wien bleiben zu können. Bereits im Frühjahr 1885 bewarb sich Král um die Leitung der berühmten Kapelle der "Hoch- und Deutschmeister"  in Wien. Král hatte keinen Erfolg, auch Ziehrer nicht, denn man wählte den in Wien wohl gänzlich unbekannten Heinrich Strobl. Dieser starb allerdings, bevor er seine Stelle antreten konnte, und so kam Ziehrer zum Zug.

 

Král versuchte sich als Zivilkapellmeister und gründete 1885 eine "Wiener Elitekapelle". Trotz beachtlicher Erfolge mußte Král aber erkennen, daß die private Kapellen bei der großen Konkurrenz der militärischer Klangkörper, die als Streich- und Blasorchester auftraten, einen schweren Stand haben.

 

So finden wir Král im Spätherbst 1886 wieder als Militärkapellmeister und zwar bei den "24ern", wo er bis 1888 blieb; sehr beliebte, ständig überfüllte Konzerte gab er u. a. im Cur-Salon, wo er bereits früher Erfolge feierte. Als das Regiment von Wien nach Tulln verlegt wurde, dürfte sich Král hier eine Bleibe gesucht haben, um den Lebensabend zu verbringen.

 

Eine weitere Ortsveränderung nach Przemysl (Galizien) machte er jedoch nicht mehr mit. Im Sommer 1890 finden sich im Wiener Fremden-Blatt Anzeigen der "Kapelle J. N. Kral", die jeden Sonn- und Feiertag in "Paul Hopfner's Casino" in Hietzing (damals Wiener Vorstadt, jetzt im 13. Gemeindebezirk) konzertierte (Abbildung). Hier feierten schon Johann Strauß Vater und Sohn Triumphe, als das Lokal noch Dommayer hieß.

 

Králs Ambitionen als Zivilkapellmeister dauerten wieder nur kurz und er trat bald zum IR 23 in Budapest über. Er starb am Neujahrstag 1896 in Tulln; sein Grab am Städtischen Friedhof in Tulln existiert heute noch.

Mehr als 200 Kompositionen von Johann Nepomuk Král sind nachweisbar. Von den Zeitgenossen hochgeschätzt war auch Králs Fähigkeit im Bearbeiten von Musikstücken und in der Zusammenstellung von Potpourris eigener und fremder Werke. Von neuen Operetten stellte er Querschnitte zusammen, die bereits kurz nach der Uraufführung in seinen Konzerten gespielt wurden. In der Musiksammlung der Wienbibliothek finden sich Kompositionen von Johann Strauß Sohn im Arrangement von Král, verlegt bei August Cranz in Hamburg, die den Besitzerstempel "Eigentum Joh. Strauss" tragen und die starke Abnützungsspuren aufweisen.

 

Literatur: Friedrich Anzenberger, „Johann Nepomuk Král - zum 100. Todestag“, Mit klingendem Spiel - Militärmusik einst und jetzt - Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Militärmusik e.V., 19. Jg., Nr. 4 (Dezember 1996), S. 187-199.