Ludwig Grossauer kam am 21. Mai 1861, in Losenstein bei Steyr zur Welt und war damit einer der wenigen seines Faches aus der k. u. k. Zeit, der auf dem Gebiet des heutigen Österreichs und nicht in Böhmen, im „Konservatorium Europas“ geboren wurde. Auch sein Geburtstag "feiert" ein rundes Jubiläum, er wäre heuer 160 Jahre alt. Grossauers Leben endete vor 110 Jahren in die Abteilung für Nerven- und Geisteskranke des Militär-Invaliden-Hauses in Nagyszombat (damals in Ungarn, heute Trnava in der Slowakei), wo er am 29. Dezember 1911 starb.
Bereits mit sechs Jahren erhielt Ludwig Grossauer seinen ersten Musikunterricht von seinem Vater, einem Bürgerkorps- und Musikvereinskapellmeister, der später bei Josef Withe (1811-1889, pensionierter Militärkapellmeister und Musiklehrer in Steyr) fortgesetzt wurde. Am 6. Oktober 1880 trat er freiwillig als Musiker in das Infanterie-Regiment Nr. 48 ein. Da das Regiment damals von Graz nach Wien verlegt wurde, besuchte er hier das Konservatorium; seine Lehrer waren Anton Bruckner und Franz Krenn.
Ludwig Grossauer soll auch den Musikverein in seinem Heimatort, dem heutigen Musikverein Losenstein gegründet und zehn Jahre lang geleitet haben.
Am 1. April 1889 erfolgte die Ernennung Grossauers zum Kapellmeister der „48er“. Dieser Klangkörper wurde unter seiner Leitung oft aus den Garnisonsorten Preßburg (heute Bratislava in der Slowakei), Komorn (heute Grenzstadt zwischen Ungarn und der Slowakei; ungarisch Komárom, slowakisch Komárno) und Ödenburg (heute Sopron in Ungarn) nach Wien berufen. Der Militärkapellmeister-Biograph Joseph Damanski schrieb über Ludwig Grossauer: „Die Kapelle verdankt ihren Ruf und ihr Ansehen nur dem feinen musikalischen Verständnisse und dem eisernen Fleiße des Kapellmeisters, der in der Ausbildung seines Orchesters Ausgezeichnetes geleistet hat.“
Die erfolgreiche Laufbahn Grossauers fand leider ein jähes Ende: Bereits ab 1. November 1909 war es notwendig, mit dem 1882 in Asch in Böhmen (heute Aš in der Tschechischen Republik) geborenen Georg Wirnitzer einen neuen Kapellmeister bei den „48ern“ zu verpflichten, der bis zum Ende der Monarchie diente und danach von der tschechoslowakischen Armee übernommen wurde. Die letzten Lebensmonate verbrachte Grossauer in geistiger Umnachtung im Militär-Invaliden-Haus in Nagyszombat.
Grossauer schrieb den Prinzessin Louise von Schaumburg-Lippe-Marsch, für den er offensichtlich mit dem „fürstlich Schaumburg-Lipp‘schen silbernen Verdienstkreuz“ ausgezeichnet wurde. Für die Einweihung des Werndl-Denkmals am 10. November 1894 komponierte er den Werndl-Marsch (bezeichnet auch als Musik voran!) zur Erinnerung an Joseph Werndl, der bis 1889 Generaldirektor der Werndl‘schen Fabriken in Steyr (größte Gewehrfabrik in der gesamten Monarchie) war. Auch heute noch gespielt wird sein Gut[t]enberg-Marsch (auch 48er Regimentsmarsch), der dem Regimentsinhaber (1885-91) Oberst Carl Ritter von Guttenberg gewidmet wurde. Die erste Notenausgabe ist im März 1898 im Wiener Musikverlag Blaha nachweisbar.
Literatur/Quellen: Elisabeth Anzenberger-Ramminger, Friedrich Anzenberger und Walter Schwanzer, Märsche der k. u. k. Zeit. Von Achleitner bis Ziehrer. Rohrendorf bei Krems, Schwanzer Musikverlage, 2004, S. 45f.; www.mv-losenstein.at/geschichtliches; Ludwig Damanski, Die Militär-Kapellmeister Oesterreich-Ungarn, Wien-Prag-Budapest: Paltur, S. 65f.