"Flieger-Marsch" - zum 150. Geburtstag von Militärkapellmeister Hermann Dostal

Hermann Dostal kam in Střelitz im Bezirk Littau in Mähren (heute Stadtteil von Uničov in der Tschechischen Republik) am 6. April 1874 zur Welt. Er entstammte einer Musikerfamilie, sein Neffe Nico Dostal gilt als einer der bedeutendsten Operettenkomponisten.

 

Dostal studierte am Konservatorium in Prag und diente als Musikeleve beim K.u.K. Infanterie-Regiment Nr. 93 sowie beim bosnisch-herzegowinischen Infanterie-Regiment Nr. 4 in Wien. Dostal studierte auch Harfe bei Prof. Zamara am Wiener Konservatorium und trat dann zu den "26ern" unter Franz Lehàr jun. über, wo er am 1. April 1902 die Kapellmeisterstelle übernahm, die er bis 1910 innehatte. 1911 erfolgte der Übertritt zum Infanterie-Regiment Nr. 67 und im Jänner 1918 zu den "99ern".

 

Hermann Dostal marschierte am 30. Oktober 1918 mit dieser Kapelle mit Alfons Czibulkas Marsch Vom Donaustrand als letzte Burgmusik der Donaumonarchie durch das Tor der Hofburg in Wien. Nach dem Ende der Donaumonarchie war er Dirigent des „Ziehrer-Orchesters“ und spielte mit einer eigenen Kapelle u. a. im Kursalon im Stadtpark sowie im Prater. Dostal starb am 20. Dezember 1930 in Wien.

 

Hermann Dostal schrieb Märsche, Walzer, Lieder und mehrere Operetten. Neben dem Flieger-Marsch sind heute auch noch seine Märsche Mit klingendem Spiel (siehe Abbildung unten), Soldaten-Marsch und Toreador in Arrangements für moderne Blasmusik erhältlich.

 

Am 5. Oktober 1912 wurde im Apollo-Theater in Wien (Gumpendorfer Straße 63, heute Apollo-Kino) seine Operette „Der fliegende Rittmeister“ (Libretto: Leo Stein und Bela Jenbach) erstmals gespielt.

 

Es folgten über 100 Aufführungen, u. a. auch in Budapest und Graz.

 

Mit diesem Werk setzte Hermann Dostal seinem Freund, dem Fliegerpionier Rittmeister Johann Ritter Umlauff von Frankwell (1866-1932), der mit dem ersten Fernflug von Wiener Neustadt über Wien nach Budapest und retour im Juni 1911 Fluggeschichte geschrieben hat, ein Andenken.

 

Der größte „Hit“ der Operette war der Flieger-Marsch, von dem es noch vor dem ersten Weltkrieg mehrere Schellack-Aufnahmen gab; die erste erschien 1912. Das Titelblatt der Ausgabe für Klavier ziert ein Luftschiff, das über Wien fliegt; im Vordergrund ist das Schloss Schönbrunn zu sehen. Der Flieger-Marsch ist laut Titelblatt dem K.u.K. Fliegerkorps gewidmet.

 

Der Text des Marsches:

Kerzengrad steig ich zum Himmel, flieg’ ich zur Sonn’ direkt.

Unter mir auf das Gewimmel, da pfeif’ ich mit Respekt

Wenn wir dann so oben schweben, mein Freund das ist ein Leben!

Da fühl ich mich wie ein junger Gott, Kreuz Himmeldonnerwetter sapperlot!

In der Luft gibt’s keine Räuber, kein Bezirksgericht,

und auch keine alten Weiber sieht man oben nicht!

Da oben gibt’s kein Hundefutter und keine Schwiegermutter, Schwiegermutter, Schwiegermutter!

 

In der Luft gibt‘s keine Steuer, keine Kaution,

auch der Zins ist nicht so teuer, oben im Ballon.

Und kommt der Schneider mit der Rechnung fliegt man bitte ganz gemütlich ihm davon.

 

Komm und sei mein Passagier, fliege, fliege, flieg‘ mit mir!

Droben, wo die Sterne steh‘n, wollen wir spazieren geh’n!

Schmeiß‘  hin all‘ dein Gut und Geld, einen Fußtritt dieser Welt!

In der Luft, in der Luft liegt der Paprika.

Auf zum Himmel, Himmel, Himmel, Hipp Hurra!

 

Der Flieger-Marsch mit Gesang ist auch auf YouTube und in Spotify verfügbar, teilweise mit geändertem Text.

 

Es existieren zahlreiche Notenausgaben dieses Marsches, u. a. im Wiener Musikverlag Kliment.

 

Ein herzlicher Dank gilt Herrn Prof. Walter Schwanzer, aus dessen Privatarchiv alle Abbildungen stammen. Prof. Schwanzer bereitet derzeit eine umfangreiche Dokumentation über Herman Dostal mit dem Titel Es blieb nur  der Flieger-Marsch vor, die noch im Jubiläumsjahr 2024 erscheinen wird und aus der Informationen für diesen Beitrag entnommen wurden.